Freitag, 27. Juli 2012

Tanz und Wirklichkeit

Nach einigen Wochen massiver Turblenzen und Ereignisse und ohne Zeit, irgendwelche Gedanken niederzuschreiben, freue ich mich nun besonders, endlich auch dafür wieder Zeit zu haben...

Tanz und Wirklichkeit ist eines der vielen Themen, die ständig in meinem Kopf kreisen, das ständig neu hinterfragt, erweitert und verändert wird. So nehme ich als Anlass, dass auch ein Kommentar meines letzten Posts genau diese Frage aufgeworfen hat.

Tanz und Wirklichkeit...

Um es gleich vorweg anzumerken, Tanz hat für mich mehrere Stufen. Eine Tür zu einer anderen Welt, die unterschiedlich besucht und empfunden werden kann.

Gerade deswegen ist es so schwierig, das Thema Tanz für alle passend in Worte zu packen. Für viele ist Tanz pure Emotion, Ausdruck von Glück und Freude. Für manch andere mag Tanz Frustation und das Kennenlernen von körperlichen und geistigen Grenzen bedeuten. Für wieder andere stellt Tanz ein Schauspiel dar, in dessen Rollen man sich nicht ganz einfinden möchte. Tanz kann jedoch auch Mittel zum Zweck sein - sich gesellschaftlich zu bewegen, Leute kennenzulernen, seinem Partner einen Gefallen zu tun oder körperliche Ertüchtigung zu Musik, die man gerne hört.
So hat jeder und jede, seine bzw. ihre Motivation zu tanzen.
Doch allem ist eines gemeinsam....Tanz bewegt...

Die Frage war: "Ist Tanz noch echt, auch wenn man z.B Rumba mit einem Mann oder Frau tanzt, zu dem oder der man sich nicht erotisch hingezogen fühlt?"

Ja.

Der Tanz berührt zuerst dich selbst. Die Bewegung zur Musik, die motorische Herausforderung und die Aufforderung im Jetzt zu leben beschäftigen nicht nur deinen Verstand sondern öffnen die Welt der Gefühle ... bei dem einen mehr bei dem anderen weniger.
Im Paartanz folgt der eigenen Herausforderung das Gegenüber, das gefühlt, verstanden und aufgenommen werden möchte. Für mich stellt der Tanz an sich schon wirklich eindrucksvolle Kunst dar, dies jedoch auch noch im Einklang mit einem Partner leben zu können sehe ich als Lebensschule.

Im Paartanz geht es für mich darum, mit einem Menschen zumindest für die Dauer eines Liedes eine Verbindung einzugehen, in der  mit größt möglicher Offenheit sich gegenseitig Wertschätzung und Vertrauen entgegengebracht werden - darüber hinaus die Neugierde, die Welt mit den Augen bzw. den Ohren des anderen sehen und  hören zu wollen. Deswegen sehen wir schon lange das "Führen und Folgen" nicht mehr so schwarz weiß, wie dies üblich war bzw. oft noch ist. Wo würde sich die Welt den hinbewegen, wenn NUR die Frauen lernen müssten, die Musikinterpretation und die Motorik der Männer zu verstehen: ;-)
Nein, gerade das Miteinander und das zusammen etwas Neues "Entstehenlassen"  sind das Spannende dabei.

So kommen wir zurück zu einer schönen Rumba... Wer hat festgelegt, dass Rumba unbedingt erotisch sein muss? Ist es nicht vielmehr eine Erwartung und Vorstellung, die in unserem Kopf existiert?  Für uns ist es gerade die Herausforderung, gemeinsam mit dem Tanzpartner zu entdecken, was Rumba in diesem Augenblick für beide bedeutet.
Im "besten" Fall ist sie erotisch doch es kann auch alles andere und dazwischen sein.

Ich persönlich versuche, so oft es geht den Menschen ohne Maske im Tanz zu begegnen. Doch sind  Höflichkeit und Wertschätzung jene Parameter, die mich auch zu "neutralen" Tänzen bewegen. Mir macht es auch Freude, z.B. jemanden durch das "Tanzen" zu helfen, ein Stück weiter in seinem persönlichen Tanz zu finden. Auch wenn dies mich selbst nicht so sehr bewegt, bewegt mich die Freude...wahrscheinlich ist dies auf meine Berufung zurück zu führen, doch können sicher auch andere, Beweggründe für einen schönen Tanz finden...

Dennoch versuche ich, so oft es geht auf mein Innserstes zu hören und Nichts vorzuspielen, was nicht da ist. Ich werde also nicht mit jemanden sehr erotisch tanzen, wenn diese Stimmung zwischen uns nicht existiert. Genauso wenig folge ich der Aufforderung zum Tanz, wenn mir einmal gar nicht danach ist. (Genau das sind jene Eigenschaften, die mir eine berufliche Tanzausübung nicht immer leicht machen - Dado kann ein Lied davon singen...;-))

Und dennoch ist es eine Herausforderung an sich selbst, immer öfter seine eigenen Grenzen zu überwinden und neue Grenzen zu entdecken.

Genau das ist es - meiner Meinung nach - warum manchmal "perfekte Shows" nicht berühren und oft "nicht so spektakuläre" Vorführungen das Herz und die Seele streicheln...

Wie auch immer man Tanz sieht und empfindet, eines steht für uns außer Frage: Der Tanz kreiert Situationen, in denen man sich mit sich und anderen Menschen beschäftigen "muss". Dadurch und durch die Kraft der Musik erlebt man die Welt und das Leben wieder neu,  mehr im Jetzt und  mit den dazugehörigen Gefühlen.

So stellt der Tanz nicht nur das eigene Selbst sondern vor allem auch Beziehungen auf die Probe. Sitzt man das nächste Mal nach einem Tanzabend oder einem Tanzkurs im Auto und fühlt sich beflügelt oder niedergeschlage, in Diskussion oder im Schweigen neben seinem Partner, so ist es dennoch die Gewissheit, dass es schöner ist, das Leben in all seinen Facetten auszukosten, als an sich selbst, dem Partner oder dem Leben vorbeizuleben....

Trotz all der tiefgreifenden Gedanken, ist der Moment nur immer ein Moment auch im Tanzen. Der Tanz immer nur ein Tanz, dem ein nächster Tanz folgt. Der nächste Moment kann auch schon wieder ganz anders werden...deswegen  leben wir nach dem Motto: "Nimm das Gefühl auf und lass es dann gehen"...denn...

"At the end of the day it´s just a dance...relax and enjoy ;-)"





3 Kommentare:

  1. Danke, lieber Manfred, für die Inspiration zu diesem Post...:-)

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  2. Liebe Conny,

    danke dass du meinen Gedanken so aufgegriffen hast.

    Natürlich hast du recht, wer hat gesagt dass eine Rumba erotisch sein muss? Für mich liegt dieser Gedanke jedoch weniger in dem was ich mir in meinem Kopf vorstelle, als vielmehr in der Bewegung und dem Rhytmus dieses Tanzes.

    Daher wohl auch die Rumba als Beispiel. Sie hat für mich eine unaufdringliche Erotik - quasi der Gegensatz zu Kizomba und Bachata.

    Doch schweife ich ab.

    Tanzen ist so vielschichtig wie du es beschreibst. Und obwohl ich noch weit weg bin um beim Tanzen auch auf die Interpretation der Frau zu achten - zu sehr mit meinem Schritt und damit die Frau nicht zu verletzen beschäftigt - so gab es doch schon einige kurze Momente wo wir als "Einheit" agierten.

    Für mich ist ein Tanz mit einer fremden Person auch jedesmal eine Überwindung. Ich empfinde es als Eindringen in meinen persönlichen Kreis. Natürlich kein gewaltsames, sondern ein eingeladenes. Dennoch, Berührungen sind was Besonderes. Die direkte Berührung der Haut sowieso.

    Es hatte schon Sinn, dass früher auf Bällen nur mit Handschuhen getanzt wurde.

    Vielleicht bin ich da auch ein wenig zu altmodisch. So hat für mich die Berührung einer nackten Damenschulter, oder gar eines unbekleideten Rückens, noch immer eine ganz besondere Bedeutung.
    Und, ganz offen gesagt, möchte ich einer Dame beim ersten Tanz sicher nicht so nahe kommen.


    Danke nochmal, Conny, für deine schönen Gedanken. Sie beflügeln wieder meine und geben ihnen interessante Richtungsmöglichkeiten.

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  3. Liebe Conny! Ich habe deinem Artikel wirklich gar nichts mehr anzufügen. Gerade deshalb möchte ich dir aber mitteilen, dass jeder einzelne Satz für mich sooo stimmig und gefühlsmäßig nachvollziehbar ist, dass ich mir beim Lesen bis zum letzten Wort immer nur gedacht habe: Ja, genau so ist es halt mit dem Tanzen und den Gefühlen!
    Mit Vorfreude auf den nächsten Tanz,
    alles Liebe, Walter

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