Mittwoch, 6. Mai 2015

Tanzschulgesetz

Die Wogen gehen hoch: Ein Gesetz ist Angriffspunkt für viele, die sich damit befassen oder auch für jene, die mit dem Schrei nach Freiheit im Grunde jedes Gesetz und jede Regelung als Einschränkung und damit als nichtig sehen.

Der Artikel anbei soll weder pro noch contra sein, sondern ein paar sachliche Gedanken zusammen fassen, die eventuell in der Hitze des Gefechts verloren gehen?

Doch was steckt dahinter?
Das Steirische Tanzschulgesetz gibt es schon sehr lange und wurde immer wieder überarbeitet. Dieses Mal wurde überprüft, ob es auch EU-konform ist. Diese Prüfung hat es bestanden und wird nun heftig diskutiert.

Wir sind eine Tanzschule. Dado und ich absolvierten gesetzeskonform die Tanzlehrerausbildung in Wien und erhielten den Titel "Diplomierte Tanzmeister". Wir haben gemäß all der Regeln und Auflagen unsere Tanzschule eröffnet und sind dennoch in vielen alternativen Tanzszenen wie auch international unterwegs. Trotzdem oder gerade deswegen sehen wir dieses Thema sehr kritisch differenziert. Obwohl schon oftmals die Diskussion in der Öffentlichkeit losgebrochen ist, haben wir uns bis dato noch nicht dazu geäußert. Jetzt ist der Zeitpunkt, den wir nutzen möchten, auch unsere Gedanken dazu niederzuschreiben.

Die Ausbildung zum Tanzlehrer ist ein Lehrberuf. Genauso wie ein Frisör, ein Tischler oder jeder andere Lehrberuf, absolviert man (mittlerweile) eine Art Gesellenprüfung und danach eine Meisterprüfung, die gewährleisten, dass man sich nicht nur mit dem Tanz an sich auseinandersetzt, sondern auch mit den wirtschaftlichen Dingen, die für das Führen eines Unternehmens notwendig sind.

In diesem Gesetz geht es um mehrere Punkte. Neben der Ausbildung werden auch die Tanzkultur und die Betriebsstätte bzw. Verantwortungen etc. behandelt. Demnach ist es eine gewisse Gewerbeordnung. Es prinzipiell zu negieren würde bedeuten, Gewerbeordnungen an sich in Frage zu stellen.

Hier von einem Monopol zu sprechen, finde ich deplatziert, denn jeder hat die Möglichkeit, wie bei jedem anderen Lehrberuf, eine Ausbildungsstelle zu finden.
Auch wir sind mit vielen Dingen, wie sie laufen, nicht immer einverstanden. Ob das nun die AKM, Arbeitnehmerregelungen, Steuern oder sonstige Gebühren sind, vieles ist nicht nachvollziehbar und (natürlich) nicht besonders angenehm. Dennoch haben wir beschlossen, in Österreich und im Land Steiermark zu leben. Was für uns soviel bedeutet, uns an die dort herrschenden Regeln, die ja für alle gelten, zu halten.

In meiner Tanzausbildung durfte ich sehr viel über die Geschichte des Gesellschaftstanzes lernen. Meine Masterthesis im Rahmen eines Managementstudiums "Die Tanzschule - ein Unternehmen im Wandel der Zeit" hat sich sehr tief und eingehend mit der Tanzschule von damals und heute beschäftigt.

Dadurch kann ich behaupten, dass Tanzschulen sehr wohl einen Wert für die Gesellschaft haben und etwas fördern, was es international in Ländern ohne Tanzschulen in diesem Sinne nicht gibt.
Unsere Ballkultur in Österreich ist einzigartig. Diese zu erhalten ist etwas, das uns sehr am Herzen liegt.  Inwieweit sich Polonaisen und Bälle verändern sollen und müssen lässt sich diskutieren. Auch steht die Frage im Raum, ob Tanzlehrer, die sich mit der Tradition von Bällen und Polonaisen beschäftigt haben, "besser" diese in die Moderne und  Zukunft führen.
Dennoch geht es eigentlich bei diesen Diskussionen meiner Meinung nach um etwas anderes.
Das Tanzschulgesetz betrifft nur die Gesellschaftstänze. Bühnentänze, Produktionen, Turniertanz und Volkstänze sind davon ausgeschlossen.

Kostenlos ist natürlich alles möglich. Sobald man es gewerblich betreibt, treten allerdings gewisse Spielregeln in Kraft.

Als Tanzallrounder beobachten wir das Tanzgeschehen sowohl national als auch international schon sehr viele Jahre. Aus dieser Erfahrung heraus können wir behaupten, dass viele verschiedene Aspekte bei einer Diskussion rund um das Tanzschulgesetz zu beachten sind. Es pauschal für gut oder schlecht zu erklären ist demnach nicht möglich.

Für mich unbestritten ist allerdings die Tatsache, dass ich es NICHT als fair ansehe, sich  in sozialen Strukturen verstecken zu können oder ohne Selbständigkeit gewerbliche Tätigkeiten "schwarz" auszuführen. Ich möchte niemanden angreifen oder jemanden etwas unterstellen, allerdings geht es für mich persönlich auch darum, dass gewerbliche Betriebe sich als gemeinnützige Vereine verstecken, um Steuern, AKM, Arbeitnehmergesetze und weiteres zu umgehen. Oder, dass wie in vielen anderen Berufen auch, es Menschen gibt, die als bezahltes Hobby bzw. für einen Nebenverdienst ohne Selbständigkeit, Steuern oder sonstige Rahmenstrukturen eine Leistung anbieten möchten.

Das finde ich nicht fair. Und eine Gewerbeordnung wie auch das Tanzschulgesetz regeln die gleichen Ausgangspunkte für jeden. Dann ist für mich ein "fairer" Wettbewerb möglich, der nicht nur zum Schutz des Unternehmers und dessen Arbeitnehmer, als Sicherheit für die Kunden und durch die finanziell gleiche Belastung einen Art Qualitätsvergleich zulässt.

Außerdem regeln diese Strukturen auch die Haftung. Was passiert, wenn jemandem etwas bei einer Hebefigur in einer Polonaise passiert? Ich wage zu behaupten, dass sichviele, die nebenbei Polonaisen einstudieren,  mit diesem Thema noch nicht beschäftigt haben.

Wer trägt die Verantwortung, dass Tanzunterricht dem Konsumierenden nicht gesundheitlich schadet? Die Interessenvertretungen sollen sicher stellen, dass man als Tanzlehrer auch diese Art von Schulungen besucht. Dass verschiedenste Aspekte von Tanz beleuchtet werden und dass man sich, sobald man etwas an einen anderen Menschen weitergibt, zumindest in irgendeiner Form auch mit den Auswirkungen beschäftigt hat.

Natürlich sind nicht jede Tanzschule, jeder Tanzlehrer, jeder Hip Hop Trainier und Tanzinstructor qualitativ gleichwertig. Genauso wie auch nicht jeder Friseur ein Starstylist ist. Dies ist dann sowieso eine Frage des freien Wettbewerbs.

Tanzen ist eine Dienstleistung, aber auch ein Schritt in eine nahe Begegnung, der sowohl körperlich als auch seelisch verletzen kann.

Und egal ob Gesetz oder nicht für uns ist wichtig, dass sich Tanzlehrer oder Tanztrainer bzw. Unterrichtende jeglicher Art sowohl mit sich, mit dem Tanz und mit der Pädagogik intensiv auseinander gesetzt haben und achtsam den Menschen begegnen.

Wir sind kein Fans von Einschränkungen des freien Wettbewerbs, unterstützen Tanz in jeglicher Form und fallen auch da immer wieder auf die Nase. Allerdings stellt ein negativer Pauschalangriff auf dieses Gesetz, einen Angriff auf das gesamte österreichische System von Ausbildung, Wirtschaft und Strukturen dar. 

Denn genauso wie ich mich verlassen können möchte, dass ein Schullehrer, Fitnesstrainer, Friseur oder Professor etwas von seinem Fach versteht, finde ich es wichtig, dass sich TänzerInnen darauf verlassen können, in einer Tanzschule oder in einem Tanzstudio von einem Fachmann betreut zu werden, der sich fachlich und intensiv mit der Begegnung auseinandergesetzt hat.

Inwieweit man andere Ausbildungen oder Nachweise anerkennt und in welcher Form das Tanzen gewerblich geregelt ist, ist natürlich immer diskutabel. Wir kennen bereits mehrere andere Strukturen von verschiedensten Ländern und wissen, dass es immer ein Pro und ein Contra gibt.

Allerdings geht es bei einem Lehrberuf nie nur um einen selbst sondern auch um die Verantwortung für einen anderen Menschen in diesem Bereich...deswegen wünschen wir uns, dass solche Themen möglichst fachlich, objektiv und weitblickend diskutiert werden und nicht Ziel von einseitigen Angriffen sind, die auch noch unter die Gürtellinie gehen...

Freitag, 1. Mai 2015

Tanzetikette - Teil 2

Tanz überwindet oftmals ganz unbemerkt Distanzzonen, die bei jeder anderen Begegnung eingehalten werden. So kommt es, dass wir Fremde, Bekannte und Freunde so nahe an uns heran lassen, wie es normalerweise nur unter Liebenden, engen Freunden oder in der Familie üblich ist.

Wir kommen uns nahe und gehen damit auch eine Verantwortung für den anderen ein. Nämlich ihn nicht durch uns selbst zu belästigen oder zu verletzen.
Abgesehen davon, dass man frisch gewaschen, gepflegt, mit einen Deo ausgestattet, Zähne geputzt und frisch gekleidet einander gegenüber tritt, ist wohl auch das Verhalten in dieser Begegnung zu beachten, um den anderen nicht in unangenehme Situationen zu bringen.
So ist es natürlich selbstverständlich, sich zu entschuldigen und nach dem Wohlergehen des anderen zu fragen, wenn man diesen gerempelt, auf den Zehen gestiegen oder irgendwie anderwertig auf der Tanzfläche verletzt hat.
Die Aufforderung zum Tanz birgt einen Vertrauensvorschuss, den wir einander geben. Es bedingt, dass wir uns öffnen und ohne uns weiter zu kennen, einen intensiven Austausch zu lassen.

Gerade deswegen ist die Wertschätzung für den anderen und die damit verbundene Höflichkeit sowie eine gewisse Liebe zum Menschen an sich unbedingt notwendig, um Tanzbegegnungen, -bekanntschaften und -freundschaften angenehm und freudvoll zu gestalten.
Nicht nur die Aufforderung zum Tanz oder das Zurückweisung sonder auch die Hoffnung auf mehr, die Enttäuschung über weniger, sowie die Reaktionen auf äußerliche Klischees können verletzen und den Tanz an sich zu einer Herausforderung mit der eigenen Persönlichkeit, mit seinen Fehlern, Makeln und Zweifeln werden lassen.
Kleine Gesten, kleine Freundlichkeiten, mal eher an den anderen zu denken als an sich selbst können oft Wunder bewirken und nicht nur jemanden anderen eine Freude bereiten sondern vor allem eine Auswirkung auf einen selbst haben...nämlich sich selbst und das Leben mehr zu mögen.

Auch im Tanzen treffen wir viele "verhermte" und unglückliche Menschen. Unserer Beobachtung nach wird dies oft im Umgang mit Menschen widergespiegelt. Deswegen könnte es wohl auf einen Versuch ankommen, der Freundlichkeit und Menschenliebe wieder mehr Platz zu geben, um auch selbst mit einem strahlenden Lächeln im Leben zu stehen.
Wertschätzung kostet nichts aber kann viel bewirken und ist meist nur einen klitzekleinen Gedanken entfernt..jener an das Wohlgefühl des anderen....
Oder wie der Hase im Film "Bambi" zu sagen pflegt: "Wenn man nichts Nettes zu sagen hat, sollte man lieber den Mund halten."...und ich füge hinzu: "An jedem Menschen, an jedem Ding, an jeder Situation und an jedem Ort gibt es etwas Nettes...man muss es nur suchen und erkennen wollen.":-)