Sonntag, 12. August 2012

Tanz+Partner=Tanzpartner?...oder...die Distanz..

Viele Gespräche in der Tanzschule drehen sich um ein Thema. Wie finde ich einen bzw. DEN richtigen Tanzpartner? In weiterer Folge stellt sich dann die Frage, ob die Möglichkeit zu tanzen und ein vorhandener Lebenspartner auch gemeinsam genommen einen Tanzpartner ergeben.

Gleich vorweg möchte ich mich entschuldigen, dass es mir nicht möglich ist, in diesem Post alles und jeden zu gendern, denn dann würde der Text in einem komplexen Gefüge enden. So bitte ich, mir zu verzeihen und alle männlichen Formen auch als weibliche zu sehen.

Nun ja...die Tanzpartnersuche ist ein Thema, das ich nunmehr seit fünfzehn Jahren beobachte. Ein Spiel, das sowohl für junge als auch für ältere Menschen und in allen Positionen und Gesellschaftsstrukturen vorhanden ist und nie an Wichtigkeit verliert.

Analysieren wir zuerst die Fakten:
Um im Paartanz gemeinsam über das Parkett zu schweben oder im feurigen Austausch die Latinoklänge zu genießen, benötige ich einen Partner, ein Gegenüber, mit dem ich genießen, Neues entstehen und meine Leidenschaft ausleben kann.
Die meisten Menschen sehnen sich in ihrem Leben genauso nach einem Partner, der in  Harmonie, im Austausch und in Ergänzung ihr Leben bereichert.
Und last but not least veranlasst der Tanz die Begegnung zweier Menschen, auch wenn sie sich unbekannt sind, in der Intimdistanz. Das ist jene Zone, die laut Sozial- und Verhaltensforscher nur im Falle von Liebe und Sex oder auch Angriff und Gewalt freiwillig eingenommen wird. Der Tanz lässt also zu, einem Menschen vom ersten Moment an sehr nahe zu begegnen. Näher als dies geschehen würde, wenn wir diesem gesellschaftlich ohne Tanz begegnen würden. Wir nehmen seinen Geruch wahr, spüren seinen Körper und den Kontakt an unseren Hände. Wir sehen ihn mit einem eingeschränkten Blickfeld, das vieles um uns ausblenden lässt.

Dies sind nun die Fakten, die zusammengenommen eine sehr explosive Mischung ergeben können.

Als Resultat meiner Beobachtungen gibt es sehr wenige, die tatsächlich an einer echten Tanzpartnerschaft ohne "Hintergedanken" interessiert sind. Aber es gibt sie! Meiner Erfahrung nach haben jene auch weniger Probleme, einen oder mehrer Tanzpartner zu finden. Diese entsprechen dann meist nicht ihrem "Bild vom Lebenspartner". Sie sind entweder jünger oder älter,  haben ein für die jeweilige Person nicht ansprechendes Äußeres oder Charaktereigenschaft, die nicht zu einem selbst passen. Trotzdem muss die prinzipielle Chemie und der Geruch usw passen, damit man sich gerne beim Tanzen berührt. Diese Kombination zu finden ist schwer aber nicht unmöglich.
Ich kenne ein Tanzpaar, das mittlerweile seit 10 Jahren oder mehr zusammen tanzt und immer wieder in meinen Kursen ist. Erst letzten Freitag durfte ich ihre jeweiligen Lebenspartnern kennenlernen.

Ich kenne wirklich einige Tanzpaare, die das Gleiche von sich berichten können. Somit gibt es Hoffnung!

Ein Problem entsteht meiner Meinung nach erst dann, wenn die "persönliche" Ebene ins Spiel kommt. Man ist sich zu sympathisch oder schließt potenzielle "Tanzpartner" aus, weil sie dem Bild vom Lebenspartner nicht entsprechen. Sucht man nun den Tanzpartner nach den Vorstellung des Lebenspartners aus, wird das eine unweigerlich mit dem anderen verknüpft. Wie schon in "Bänder des Lebens..." angesprochen - Man gibt der jeweiligen Person ein Band mehr, als man einem "neutralen" Tanzpartner geben würde...und schon ist es passiert. :-)
Tanzen ist einfach eine schöne und gute Gelegenheit, viele Menschen kennenzulernen, und ermöglicht auch durch die Nähe und die gemeinsamen Schwingungen eine schnelle Entscheidung, ob das jeweilige Gegenüber als Lebenspartner interessant ist. Nur die richtige Distanz ist dabei wichtig, um nicht enttäuscht zu werden...

Wie auch in einer normalen zwischenmenschlichen Beziehung kann es darauf hin zu verschiedensten Situationen kommen.

Beide verlieben sich und können konfliktfrei miteinander tanzen. Sie sind verständnisvoll, möchten miteinander lernen und wachsen und haben das gleiche Ziel: Beim Tanzen Spaß zu haben und/oder Leistung zu erbringen. Somit ein Happy End! :-)

Sie verlieben sich, können jedoch nicht mit den Konflikten im Tanzen umgehen. Schließen den Tanz aus ihrem Leben aus und lieben und leben trotzdem glücklich. Oder sie suchen sich auch jeweils andere Tanzpartner, mit denen sie zwar die Tanzleidenschaft ausleben aber keine andere Beziehung eingehen.

Situation 3: Einer verliebt sich, einer ist sich unsicher. Jedes Mal wenn man gemeinsam tanzt, spürt der eine den anderen und wird dadurch unzufrieden. Man kann zwar gut mit einander tanzen jedoch schwingen immer die persönlichen Erwartungen, Wünsche und Vorstellungen mit. Es kommt entweder dauernd zum Streit oder der eine flüchtet. Man sieht diesen mit anderen tanzen, wird eifersüchtig, dadurch verspannt und unglücklich, was natürlich im gemeinsamen Tanz wieder bemerkbar ist usw.

Situation 4: Beide bemerken, dass sie zwar gut im Tanz harmonieren, jedoch ihre Gefühle bzgl. des Lebenspartners nicht übereinstimmen. Sie beschliessen "nur" Tanzpartner zu sein und versuchen, einander keine weiteren Bänder, die eine Tanzpartnerschaft kompliziert machen könnten, zu geben.

Natürlich gibt es noch viele weitere Situationen und Zwischensituationen, auf die ich hier jedoch nicht weiter eingehen kann.

Jetzt schreien sicher viel auf und meinen: Ist nicht gerade das höchste Ziel im Tanzen,  die Beziehung zu seinem Partner einfließen zu lassen? Sind es nicht gerade die  Liebe und Leidenschaft im Tanz, die diesen zu etwas Besonderem machen? Ist es nicht  die Erotik, die zwischen den Partnern knistert, die z.B. einer Rumba den Sinn gibt.

Ja. Wenn beide Partner den Tanz lieben, sich lieben, täglich versuchen, die eigenen Grenzen zu überwinden, sich selbst immer hinterfragen, aufeinander zugehen, ein gemeinsames Ziel haben und ein liebevolles Miteinader gefunden haben...ja...dann ist dies das höchste Ziel. Doch es ist keine Ziel, das man erreicht, sondern es ist gerade der Weg, das Tanzen selbst, das dieses Ziel spiegelt.

Ich habe schon viele Geschwisterpärchen miteinander tanzen gesehen und man merkt den feinen Unterschied. Natürlich ist es auch bei Profipaaren ersichtlich, ob im Tanz noch eine persönliche Beziehung oder "nur" die Technik einfließt.
Wir durften viele Profitänzer kennenlernen und haben von Jahr zu Jahr immer mehr zu schätzen gelernt, was wir haben, und was so selten ist - die eigene Herausforderung im Tanz, die  Harmonie und körperlichen Barrieren in einer Beziehung leben zu können. Jedoch ist es nicht immer einfach, und auch wir sind schon das eine oder andere Mal an unsere Grenzen gestoßen. Es kostet viel Mut, Liebe und auch Bereitschaft, die Grenzen immer wieder zu überwinden. Der "Lohn" ist sehr besonders jedoch nur dann, wenn beide diese Bereitschaft haben.

Trotz der Schönheit des Tanzens gibt es auch viele andere Ziele und Möglichkeiten im Leben, seine Liebe zu einem Menschen auszuleben. Der Tanz ist "nur" eine davon, wenn auch eine besonders schöne...:-)

Damit möchte ich sagen, dass sowohl der Tanz als auch das Leben und die Beziehungen soviel vielschichtiger sein können als die eigenen Wunschvorstellungen. Gerade die Offenheit lässt vieles entstehen, an das man vorher nicht einmal gedacht hat. Auch wenn "nur" Tanzpartner über das Parkett schweben, kann es etwas Besonderes sein...

Die Hoffnung stirbt zuletzt, und wir möchten allen Mut geben, die Lebensträume zu verwirklichen, aber auch die gegebenen Situationen bestmöglich zu nützen und zu leben.
Den Tanz egal ob mit einem Lebenspartner oder "nur" Tanzpartner zu genießen, den Zwang zu überwinden und der Offenheit, das Gegebene zu genießen, eine Chance zu geben, sind für uns die Herausforderungen in der Tanzwelt.

Vor allem aber wünschen wir allen die Geduld, sich und den anderen wachsen zu sehen, und die Toleranz, seine eigenen Schwächen und die des anderen anzunehmen...die Bereitschaft zu investieren ohne zu wissen, ob die Investion den versprochenen Erfolg bringt. Aber gerade das Geben kann bereichern und Unerwartetes passieren lassen.

Gibt es erst einmal persönliche Schwierigkeiten in einem Tanzpaar, wird auch das Tanzen meist "unglücklich". Nur die schonungslose Ehrlichkeit und Offenheit könnten eine neues Fundament bauen.
Dem neuen Fundament eine Chance zu geben jedoch nicht festzuhalten sondern loszulassen ist das, was Neuem Platz macht. Schließt sich eine Tür, öffnet sich eine andere....

Wir sind dankbar für unser Leben und versuchen Möglichkeiten zu öffnen, damit auch andere diese Freude spüren können...
Jedoch...Erwartungen sind für mich die "schlimmsten" Feinde des Genusses...

So wünschen wir allen den Mut, Unbekanntes anzunehmen, die Freude am Augenblick, die Harmonie im Tanz und die Erfüllung in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen...

Wir hoffen, mit diesem Artikel niemandem zu nahe getreten zu sein. Dies sind einfach nur unsere Erfahrungen, die wir hier teilen. Wir würden uns jedoch über Kommentare und einen Austausch freuen, die das Thema auch von anderen Blickwinkeln betrachten.

Freitag, 3. August 2012

Sein und Schein..oder Spiritulität und Realität...

Ein Kommentar zu meinem Post '"Das kleine Universum.." hat mich dazu inspiriert, meine Gedanken über den Bezug von Spiritualität, Realität, Sein und Schein zu Papier zu bringen.
Ehrlich gesagt war ich mir nicht sicher, ob die Zeit schon reif dafür ist, mich noch weiter aus dem Fenster zu lehnen. Doch ein Ausspruch aus meinem im letzten Post zitierten Buch von John Izzo hat mich in diesem Vorhaben bestärkt:
"Fragt man einen Menschen in der letzten Phase seines Lebens, was er in seinem Leben gerne anders gemacht hätte oder was er bereut, kommt oft die Antwort: `Ich hätte mir gewünscht, mehr Risiko eingegangen zu sein.` "...in diesem Sinne...here we go! :-)

Alleine die Klärung der Begriffe und ihrer Bedeutung würden Bücher füllen. Deswegen möchte ich nicht genauer auf die verschiedensten Verständnisansätze von z.B. Spiritualität eingehen. Es ist mir jedoch wichtig, folgende Grundannahmen für das Verständnis des Textes anzumerken:

Spiritualtität ist für mich nicht gleichzusetzen mit dem Begriff Esoterik.
Realität ist für mich nicht unbedingt Materialtität, auch wenn sie diese zur Darstellung meist benötigt.
Wenn ich über Schein und Sein schreibe, ist dies für mich wertfrei..

Ein spiritueller Mensch ist für mich jemand, der sich mit dem Geist, dem Wesen, der Seele beschäftigt und nicht zuletzt seinen Ahnungen folgt. Jeder kann, meiner Meinung nach, ein spiritueller Mensch sein, denn diese Veranlagung tragen wir alle in uns. Zusätzlich gibt es für mich Menschen mit Begabungen, die die Spritualität vertiefen, mit dieser arbeiten oder auch ihre Fähigkeiten nutzen, um in andere Dimensionen zu greifen.
(Nachdem ich mich mit vielen Religionen mehr oder weniger beschäftigt habe, kann ich diese Spiritualität in all diesen finden. Jedoch werden diese Ansätze meist von Menschen für Macht und Abhängigkeit mißbraucht.)
Dies alles hat für mich auf dieser Welt, in der wir leben, jedoch nur einen Sinn:  Möglichst zufrieden sein Leben in Harmonie mit anderen Wesen zu leben, und eventuell auch andere darin zu unterstützen, genau dieses besser tun zu können. Je nachdem ob man wählt. sich hauptsächlich mit seinem Wesen oder auch mit anderen Wesen zu beschäftigen, fließt diese Einstellung mehr oder weniger ins soziale Leben ein.

Wie auch in einigen Kommentaren schon oft angemerkt..."Der Sinn des Lebens ist das Leben selbst."

Somit greift für mich die Spiritualität wenn auch nicht komplett in die Realität über. Denn die Realität ist das, was wir und alle anderen in dieser Welt spiegeln.
Diese Verbindung oder auch anders gesagt dieses Balance zwischen spirituellem und realem Bewusstsein ist für mich die Herausforderung im Leben.

Und genau an diesem Punkt hoffe ich, dass man mich nicht falsch versteht. Für mich gibt es nicht "die" objektive Realität, sondern nur subjektive Realitäten, die erst durch die Spiritualität an Objektivität gewinnen.

Um dies besser darzustellen, möchte ich an den griechischen Philosophen Platon erinnern, der mit seinem Höhlengleichnis "die Welt des Seins und Scheins"so treffend skizziert hat. Aus meinem 4 jährigen Altgriechisch Unterricht ist dies jenes gewesen, was mich bis heute nicht mehr losgelassen und zu vielen Denkansätzen geführt hat.

Denn jeder Realität und jeder Materie geht eine Idee voraus. Zuerst erschafft die Idee des "Sessels" diesen, bevor es der Tischler tut.
Doch nicht jeder Gedanke, jede Idee, jeder "Spirit" werden in der Realität oder auch in der Materie verwirklicht. Gott sei Dank, denn somit werden auch sehr viele zerstörende Ideen nicht umgesetzt. ;-)
Dazu kommt noch, dass nicht jede Interaktion zwischen Wesen in der "Realität", wie wir sie definieren, ersichtlich ist.
Somit...gibt es für mich eine Welt des Seins, die viel größer ist als die Welt des Scheins. Man könnte es auch anders sagen: "Der Schein spiegelt einen Teil des Seins wieder".

Möglichst viel "Sein" in unser "Schein" zu integrieren ist für mich nun die Aufgabe, die uns zu einem erfüllteren Leben verhelfen könnte. Jedoch dürfen wir nicht vergessen, dass der Schein nicht immer dem Sein entspricht, denn es kommt noch etwas hinzu, das uns Menschen im Gegensatz zu den Tieren und Pflanzen eigen ist. Der Wille.

Der Wille ist jene Kraft, die den Schein kreiert und lenkt. Somit bekam für mich der Satz "Dein Wille geschehe." eine durchaus andere Bedeutung...

Zusammenfassend ist für mich Spiritualität, die Verbindung zu seinem Wesen und dem Sein, die Vorraussetzung für eine erfüllte Realität. Die Realität ist für mich aufgeteilt in die Welt des Scheins und Seins. Der Wille eines Menschen ist jene Kraft, die den Einfluß von dem einen auf das andere steuert.

Das Sein und den Schein unterscheiden zu können, ist für mich eine der Herausforderungen im Leben.
Sich im Schein zu bewegen, ohne das Sein zu verlieren, eine weitere Hürde.
Jedoch leben wir in einer "materiellen" Welt. Deswegen sollte man meiner Meinung nach, die  Materie als Tugend und nicht als Hindernis sehen,  und diese als Unterstützung und nicht zur Zerstörung einsetzen.
Ein gutes Beispiel für diesen Gedanken ist für mich "Osho".
Materie ist für mich all jenes, was sich in unserern "realen" Welt manifestiert. Seien es nun Menschen, Tiere, Pflanzen oder  auch Steine, Erde und Dinge. Der "Spirit" ist für mich das, was alles ergänzt.

Eine Idee ohne Handeln bleibt immer ein Traum, eine Materie ohne Spirit bleibt immer im Schein...

In diesem Sinne danke ich für die immer wieder sehr inspirierenden Kommentare und Gedanken, die sich hier im Blog manifestieren.

Genau diese Gedanken sind es, die die Welt des Tanzens für uns so interessant machen. Denn der Tanz ist für uns eine Tür, die die Welt des Scheins und des Seins sowohl für sich als auch in zwischenmenschlichen Beziehungen verbinden könnte.