Sonntag, 26. Juli 2015

Das Ego des Tänzers...

Vor kurzem durfte ich einen Artikel in Englisch lesen, der mich dazu inspiriert hat, diesen Beitrag zu schreiben.

Das Ego ist unser wertvoller Begleiter. Es hilft uns,  zu überleben, auf uns aufzupassen,  das Selbstwertgefühl zu kreieren, Selbstvertrauen zu tanken und die Welt aus einer Ich-Perspektive wahrzunehmen.

Das Ego ist ein Teil von uns, der wichtig ist, um in einer Welt wie dieser zu Recht zu kommen.
Doch wie groß darf der Ego-Teil in uns werden, ohne dass er uns (ver-) blendet, uns behindert, aus Selbstwert Eitelkeit entstehen lässt und das Ich über das  Wir stellt?

Vor allem als Tänzer wird man sehr schnell und oft mit diesem Thema konfrontiert. Der Tanz bietet Möglichkeiten, dich als Person zu stärken. Er gibt die Selbstvertrauen und lässt dich scheinen.

Bei den meisten Menschen wachsen demnach mit dem Tanzkönnen nicht nur die körperlichen Fähigkeiten, die Freude mit der Musik, die Körperwahrnehmung, der Figurenreichtum sondern auch das Ego.

Soweit so gut.

Leider hat jedoch das Ego die Fähigkeit, oft schneller zu wachsen als der Rest. Somit überholt es über kurz oder lang das Tanzkönnen, die Freude, den Selbstwert und wird zum Leiter deines Tuns.

Was daraus resultiert ist häufig nicht nur für die Umwelt herausfordernd, sondern auch für einen selbst sehr negativ.

Aus einem stärkenden und überlebenswichtigen Begleiter wurde auf einmal ein behindernder und oft auch zerstörender Geist.

Aus einem Freund wurde ein Feind...

Doch wie erkennt man den Punkt, der das Verhältnis von Ego und Selbstreflexion zum Kippen bringt?

Anzeichen dafür sind auf das Tanzen bezogen, wenn man glaubt, nichts mehr lernen zu können, wenn man Tanzstile, Meinungen oder auch andere Sichtweisen negiert oder wenn man z.B. der Meinung ist, mit einem „schlechteren“ oder „nicht passenden“ Tanzpartner nicht zumindest einen Tanz genießen zu können.

Der Genuss und die Freude unabhängig von Können und Leistung sind ein wundervoller Bezugspunkt.

Wächst das Ego nämlich über das Tanzkönnen hinaus, verhindert es ein Weiterlernen, die Weiterentwicklung und damit auch die Vergrößerung des Tanzkönnens.

Unserer Meinung nach liegt der Unterschied zwischen Lehrer und Schüler hauptsächlich in der Anzahl der Erfahrungen.

Für uns ist ein guter Lehrer der, der versucht bestmöglich, seine Erfahrungen und sein Können weiter zu geben aber natürlich auch den Schüler inspiriert, seine eigenen Erfahrungen zu machen.

Möchte man ein Ziel definieren, so ist dieses für uns, dass der Schüler genauso gut, wenn nicht sogar besser als der Lehrer wird.
Wäre das nicht der Beweis dafür, dass man wirklich ein guter Lehrer ist?

Nach meiner nun mittlerweile 18 jährigen Unterrichtserfahrung und den Beobachtungen daraus, ist das Ego jedoch oft der Punkt, der den Schüler daran hindert ab einem gewissen Level besser zu werden.

Entweder das Ego wächst nicht mit – somit puscht es nicht und kreiert nicht das Selbstvertrauen – oder das Ego wächst überproportional zum Tanzkönnen und verhindert damit auch ein Weiterkommen.

Gerade deswegen ist es uns ein Anliegen, auch diese Beobachtungen zu thematisieren, um zur Selbstreflexion zu motivieren und zu sensibilisieren.

Gemeinsam zu wachsen ist wunderschön und zu scheinen macht die Welt wohl zu einem helleren und freundlicheren Ort.

Dennoch sollte für uns der Schein aus der Freude im Inneren heraus entstehen...aus der Freude über sich selbst  aber auch über andere Menschen.
Zu Scheinen aufgrund von Präpotenz, einem Minderwertigkeitsgefühl heraus oder aus Unachtsamkeit anderen gegenüber, wird auf Dauer nicht glücklich machen.

Deswegen lasst den Tanz ein wunderschönes Mittel sein, um in sich zu wachsen und sich und anderen das Leben schöner zu gestalten.

Versuchen wir aber bewusst den Tanz als Mittel zu Macht sowie als Mittel von Abgrenzung und Begrenzung zu vermeiden.

In diesem Sinne wünsche ich uns allen, unser Ego wert zu schätzen aber darauf zu achten, dass es NUR EIN Teil von uns ist, der uns nicht komplett einnehmen sollte.


Denn glücklich ist der, der erkennt, wie viel er weiß, um zu wissen, dass er nichts weiß...wie schon Sokrates zu sagen pflegte.;-)